David Hamilton: Der Meister des Weichzeichners
David Hamilton (1933–2016) prägte mit seiner einzigartigen Bildsprache die Fotografie der 1970er und 1980er Jahre. Sein Stil zeichnet sich durch weiche Unschärfe, sanftes Licht und eine pastellige Farbpalette aus. Er arbeitete ausschließlich mit analogem Film, nutzte natürliche Lichtquellen und setzte oft Vaseline oder spezielle Weichzeichner-Filter auf seine alten Objektive, um die charakteristische träumerische Atmosphäre zu erzeugen. Seine Bilder erinnern an impressionistische Gemälde – zart, nostalgisch und voller Melancholie. Ein Perfektionismus war ihm fremd.
Hamiltons Technik war ebenso simpel wie wirkungsvoll: geringe Tiefenschärfe, sanfte Kontraste und bewusstes Spiel mit Licht und Schatten. Seine bevorzugten Filme, wie der Kodak Ektachrome 200, verstärkten diesen Effekt, da sie oft eine sichtbare Körnung hatten und Farben sehr eigen wiedergaben.
Die Recherche oder der kontroverse Weg zum Hamilton-Stil
Zwischen meinen Büchern findet sich ein Werk von Hamilton aus den späten 1970ern: verträumte Aufnahmen junger Mädchen, mit einfachsten Mitteln inszeniert. Damals vielleicht als Kitsch abgetan, heute ein Auslöser für populistische Kontroversen. Dass Hamilton in der prüden Gegenwart vermutlich durch bis heute nicht bestätigte Missbrauchsvorwürfe in den Tod getrieben wurde, steht hier nicht zur Debatte. Als Kind der 1970er Jahre empfinde ich es als perfide, Bilder aus ihrem zeitlichen Kontext zu reißen. Es hilft weder der Kunst noch der Debatte.

Shooting im Hamilton Stil: Model im Hohen Venn



Wo heute der Name „Hamilton“ auftaucht, rümpfen Gesprächspartner die Nase. Stellvertretend sind die Namen Sally Mann, Jock Sturges und andere Fotografen zu nennen, die immer wieder Ausgangspunkt hitziger Debatten sind. Die Reaktionen auf diese Fotografen variieren stark und spiegeln unterschiedliche gesellschaftliche Einstellungen gegenüber Nacktheit, Kunst und Kindheit wider. Während einige die Arbeiten als künstlerisch wertvoll und unschuldig betrachten, sehen andere darin eine problematische Darstellung von Minderjährigen. Die Models meines unten gezeigten Shootings waren zum Zeitpunkt der Aufnahmen 29 Jahre alt.
Ich selbst sah im August 2024 auf einer Frankreichreise ein Bild von Hamilton. Gedruckt auf mattem Papier in Größe A2. Das Bild zog mich in seinen Bann. Nicht nur das Model, sondern die Weichheit, das nicht-Perfekte und die Gesamtwirkung waren faszinierend. Ich notierte mir ein paar Ideen und begann eine Recherche zu Hamilton und natürlich zu seiner verwendeten Technik.
David Hamiltons Minimalismus und seine Minoltakooperation
Schnell findet man alte Werbeanzeigen von Minolta (kurz nach der Jahrtausendwende von Sony geschluckt). Seinerzeit galt Minolta als technischer Vorreiter, was moderne Kameras betraf. Früh zog funktionierende Elektronik in die Gehäuse und die Objektive boten eine hohe Abbildungsleistung.
Hamilton selbst nutzte über die 1970er und 1980er-Jahre hinweg fast ausschließlich Minolta Equipment. Er besaß zahlreiche Gehäuse. Seine bevorzugten waren SR-T und zum Schluss seiner aktiven Schaffenszeit X700. Mit ein Meilenstein war die XD7, die Basis der Leica R-Serie. Heute zu kleinen Preisen zu kaufen, im Gegensatz zum Pendant mit dem roten Punkt.
Wenngleich er mit modernen Gehäusen arbeitete, setzte er bis zum Schluss alte Rokkore Objektive ein. Diese zeichnen bei Offenblende weich, bieten nicht die Auflösung moderner Objektive und sind, mit Verwendung von Wasserdampf, Vaseline, Haarspray und weiteren Tools, mit verantwortlich für seinen Stil, der seinerzeit oft kopiert, aber nie erreicht wurde.
Die Minolta Werkbank
40 Jahre alte Kameras und noch ältere Objektive sind schwer in einem sehr guten Zustand zu finden. Gebraucht legte ich mir für sehr wenig Geld eine Auswahl von XD-7, X700 und Rokkoren zu. Alle Kameras hatten, obwohl ich bewusst nach technisch guten Angeboten suchte, Mängel aufzuweisen. Auf meiner Werkbank mussten an den Kameras zunächst alle Dichtungen inkl. Spiegeldämpfer ersetzt werden. Kontakte wurden gereinigt und die Verschlussmechanik der X700 frisch geölt, da schnelle Zeiten nicht zuverlässig funktionierten. Objektive wurden zerlegt, gesäubert und der Fokus zuverlässig auf unendlich eingestellt. Das Bedingte einer langwierigen Onlinerecherche. Ich fand die technischen Dokumentationen und schraubte mich in alle Geräte rein. Tage später lagen Kameras und Objektive im Neuzustand vor. Die Arbeit hatte sich gelohnt, entsprechende Testfilme sahen sehr gut aus. Ein großer Dank an Dirk Frielingsdorf, der mir durch sein Minolta Fachwissen enorm weiterhalf.
Praxis Teil und Umsetzung des Hamilton Stils
Ende August buchte ich mir ein Model aus Düsseldorf und wir verabredeten uns für einen Donnerstagabend für zwei Stunden. Ich suchte eine sehr schöne Stelle im benachbarten hohen Venn und wir legten nach 17 Uhr bei goldenem Licht und leichter Bewölkung los. Frei nach Hamilton: Keine Perfektion, keine Blitze, sondern nur einfachste Technik und Herangehensweise. David Hamilton nutzte seinerzeit ausgiebig den Kodak Ektachrome 200, den es in dieser Ausführung lange nicht mehr gibt. Die Anmutung dieses Films war körnig und bot eine einzigartige Differenzierung zwischen warmen und kalten Tönen. Ich wollte diesbezüglich meinen eigens erarbeiteten Look in die Bilder einfließen lassen und griff zum Kodak Portra 160. Das Licht reichte mehr als aus, denn ich arbeitete, wo ging, mit Offenblende. Hamiltons Tools kamen für den Weichzeichnereffekt komplett zum Einsatz, wobei ich nicht die Vorderlinse beschmierte, sondern stets ein günstiges Filter benutzte. Den Portra 160 belichtete ich auf 50 (!) ASA, um den Weichzeichnereffekt mit dem Pastelllook zu kombinieren. Mit dem Resultat bin ich mehr als zufrieden, was ein zweites Shooting Anfang September mit einem weiteren Model auf den Plan rief.
Fazit Weichzeichner
Mit ein wenig Übung bin ich nun vollständig in der Lage, David Hamiltons Stil umzusetzen und mit meinen eigenen Ideen und Vorstellungen zu kombinieren. In einer von Megapixeln und Glattheit strotzenden Welt erzeuge ich so einen ganz einen Look, der zunächst etwas Arbeit verlangt, aber dann, mit ein wenig Übung, einfach zu erzeugen ist. Normalerweise zeige ich aus einem solchen Shooting maximal fünf Bilder. Zur Übersicht zeige ich hier ein paar Abstufungen des Effekts.
Was kommt? Ich werde diesen Stil 2025 verstärkt verfolgen und werde hierbei parallel auf klassisches SW-Material zugreifen und die Bilder in der Dunkelkammer vergrößern. Dank extrem günstiger Angebote greife ich nun auf eine kleine und gewartete Minolta-Ausrüstung zurück und bin froh, diesen Weg gegangen zu sein.



















Diese Bilder sind als edle, farbige Silbergelatine-Abzüge in Matt erhältlich – für höchste Ansprüche an Qualität und Beständigkeit.









