Denke ich an Paris komme ich ungleich ins schwärmen. Diese Stadt, 1987 mit meiner Mutter das erste mal besucht, haftet seitdem in meinen Erinnerungen. Es ist dabei nicht die Stadt selbst, sondern das ganze Land, indem die Fotografie so tief verwurzelt ist wie in keinem anderen. Nicht nur das, die Fotografie ist in Frankreich eine breit anerkannte Kunstform, während diese in Deutschland weiterhin ein Nischendasein fristet. Nicht zu erwähnen, dass einige Franzosen bei der  Entstehung der Fotografie maßgeblich beteiligt waren.

Ok, zugegebenermaßen lebten mitunter die bedeutendsten Fotografen seiner Zeit in Paris. Henri Cartier-Bresson, Gyula Halász (besser bekannt als Brassaï), Eugène Atget, Félix Nadar, Robert Doisneau und auch die Exilianer wie Elliott Erwitt und Andreas Bernhard Lyonel Feininger, die zwar aus Paris stammten, aber zwischendurch oder später woanders ihrem Schaffen frönten. In Erinnerung ist die humanistische Fotografie, die Straßenfotografie und die Landschaftsfotografie. Viele bekannte Klassiker entstanden in der Zeit vor und nach den beiden Weltkriegen. Paris war und ist ein wahrer Magnet für alle, die sich für Fotografie, welcher Art auch immer, interessieren. Neulich in Monschau durfte ich die Werkschau von René Groebli betrachten, der ebenfalls in Paris seinen fotografischen Horizont massiv erweiterte und mit dem „Auge der Liebe“ einen wahren Klassiker schuf. Fast alle Fotografen der zeitgenössischen Fotografie haben eines gemeinsam: Die Leica als „outil de choix“, dem Werkzeug der Wahl. Kaum ein Klassiker der nicht eine Schraubleica, später eine M oder eine R benutzte. Das 35mm Format ist in den Galerien überall präsent. In wieder zunehmender Form eines C-Prints (RA4 Farbe) oder Silbergelatine.

Paris, heute der Austragungsort der weltweit bekannten Foto Messe, der Paris Photo. Wir von MeinFilmLab besuchen die Messe alljährlich im November. Dazu begleitet mich mein Team eine halbe Woche lang durch Paris. Die Messe gibt einen Überblick über kommende fotografische Trends. Auch das Pariser Tag- und Nachtleben ist ein unwiderstehlicher Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Die Reise 2022 nach Paris mit dem Thalys von Aachen aus war ein Genuss, denn hinter der Grenze musste keiner mehr eine Maske tragen und während in Deutschland noch eine lähmende Covidlethargie herrschte, pulsierte das wahre Leben in Frankreich. Als geimpfter und Genesener schloss ich mich diesem Leben und Treiben an und die Sinne explodierten nach den Jahren der Enthaltsamkeit. Der Besuch der Messe, der Stadt, das Streifen durch die Pariser Galerien, der Kauf des ein oder andere Bildes war gleichzusetzen mit einer gewissen Suchtbefriedigung. Es tat unwahrscheinlich gut mit Menschen zusammen etwas zu erleben, zu lernen und zu diskutieren.

Eine solche Messetour ist für mich ein ausgedehntes Fotoabenteuer. Paris habe ich immer lieblich, kulturell und expressionistisch im Hinterkopf. Angereist sind wir von Düren aus mit dem Zug; einmal Umsteigen in den Schnellzug und knapp drei Stunden später trafen wir am Nordbahnhof ein. Städtetripps halte ich gepäcktechnisch gerne kompakt. Selbst die Kleidung bleibt sachlich, aber bequem. Meine M7 oder MA standen am Tag vor der Abreise bereit. Letztendlich fand die M7 den Platz in der sehr kompakten Tasche. Mit Sumicron 35 2.0 ASPH, Summilux 50 ASPH und dem 28er Elmarit. Zwei frische Batterien packte ich für die M7 ein, da mein letzter Batteriewechsel Jahre zurück lag; benötigt habe ich diese
frischen Ersatzstromspender bis heute allerdings nicht. Da ich 2022 viel digital fotografierte, um auch meine beiden Printer auf die Megapixelboliden einzustellen, wollte ich in Paris unbedingt, auch im Hinblick auf den Charme der Ikonenbilder, analog fotografieren. Mit schönem Korn. In meine Filmwahl fiel Kodak TriX, Delta 3200 für die Nacht, Portra 400 und 800. 2018 hatte ich Paris mit gleicher Kombination abgelichtet und die Bilder hallen heute noch nach. Weitaus mehr, als die Bilder, die ich 2019 mit der M240 aufnahm und mir nur noch selten anschaue. Diese sind zu glatt, zu beliebig und ich sehe tausende Bilder wöchentlich im gleichen Stil. Hier unterliege ich einer Sättigung, die ich mit meiner Filmwahl unbedingt durchbrechen wollte. Gerade der Portra 800 holt in nächtlichen Szenen unglaubliche Farben heraus, gepaart mit einem Korn, das im Detail einen gemäldeartigen Zustand inne hat. Den TriX badete ich im Lab in unserem JTOL, eine Weiterentwicklung von XTOL. Volle Empfindlichkeit, scharfes aber feines Korn und die typischen Schwarzweiß Grauwerte von Kodak Film. Ja, das sieht anders aus im Vergleich zu Ilford. Kenner sehen den Unterschied. Anders heißt an dieser Stelle natürlich nicht schlechter! Gut, das der persönliche Geschmack entscheidet. Auch war mir die Auflösung egal. Keine 40 oder 60 MPixel sondern derer 20, das technisch Höchste bei 400 oder 800ASA Filmen.

In der Nacht entschied ich mich meist für den Portra 800. Meine M7 stellte ich auf „manuell“ um, d.h. ich schätzte nachts  die Belichtung. Der Portra braucht Licht, je mehr, desto schöner. Mit einer 1/60tel und Blende im 2.8er Bereich kommt man bei ISO800 sehr weit. Man muss ein wenig firm sein beim fotografieren mit Film, denn den Luxus mit ISO12800 und Blende 5.6 oder 8 durch die Stadt zu rennen gibt es bei Film nicht. Je nach schwach ausgeleuchteter Seitengasse musste ich die Zeit auf 1/50 oder 1/30 reduzieren und bei Offenblende ran. Einige Motive belichtete ich somit eher auf 1600ASA, ein paar mit Sicherheit noch knapper. Eine Objekt- oder Lichtmessung bringt in nächtlichen Szenen nur den Belichtungsmesser durcheinander und die Aufnahmen enden oft in einem unbrauchbaren Zustand. Ob der Film dann unter hellen Lichtquellen 2 Blenden überbelichtet wird juckt diesen nicht besonders. Nur eine Unterbelichtung sollte bei Film tunlichst vermieden werden: Wo kein Silber belichtet wurde, kann auch mit Push nichts hinentwickelt werden.

Leica M7 und Kodak Portra 800

Lesestoff und Werkzeug

Michael Kenna auf der Paris Photo 2022

Leica M7 in Paris

Das Resultat kann sich sehen lassen. Die Farbkombination des Portras bildet exakt das von mir gewünschte Ergebnis ab. Die TriX Filme werden, nach entsprechender Selektion der Kontakte, in der DuKa entsprechend auf Ilford Barytpapier abegzogen und eine kleine Selektion der Bilder darüber hinaus gelithet. Die Farbbilder habe ich anschließend auf Fuji Professional DPII Papier abgezogen, da ein Abzug auf Lustre Papier als Auflichtvorlage die analoge Anmutung noch besser unterstreicht (das Papier wird ebenfalls analog ausentwickelt). Summa summarum war die Entscheidung Paris analog zu erkunden genau richtig.

Joerg-Bergs-Portra800
Joerg-Bergs- Kodak Portra 800
Joerg-Bergs-Portra800
Joerg-Bergs- Kodak Portra 800
Joerg-Bergs- Kodak Portra 800
Joerg-Bergs- Kodak Portra 800
Joerg-Bergs- Kodak Portra 800
Joerg-Bergs- Kodak Portra 800
Joerg-Bergs- Kodak Portra 800
Joerg-Bergs- Kodak Portra 800
Joerg-Bergs- Kodak Portra 800
Joerg-Bergs- Kodak Portra 800
Joerg-Bergs- Kodak Portra 800
Joerg-Bergs- Kodak Portra 400
Joerg-Bergs- Kodak Portra 400
Joerg-Bergs- Kodak Portra 400