Paris im November – ein Pflichttermin für Liebhaber der Fotografie, und für mich seit Jahren ein fester Bestandteil meines Kalenders. Doch die diesjährige Paris Photo 2024, die unter dem renovierten Dach des Grand Palais stattfand, hinterließ einen bitteren Nachgeschmack. Was einst eine Quelle der Inspiration und künstlerischen Erneuerung war, hat sich für mich in eine fast seelenlose Veranstaltung verwandelt. Doch beginnen wir von vorne.

Anreise und erster Eindruck

Mit wenig Vorbereitung und viel Stress startete ich das Wochenende. Im Gepäck: meine Leica M10M mit 50mm und 28mm Objektiven, dazu wetterfeste Kleidung und edles Samt für den Messeauftritt. Die Reise mit dem Thalys/Eurostar von Aachen nach Paris verlief entspannt, wie immer. Zwei Stunden und 40 Minuten später erreichten wir die französische Hauptstadt.

Wir auf der Messe 2018

Der Donnerstag verlief ruhig – Kaffee, Kuchen, und ein früher Schlaf bereiteten uns auf das Messewochenende vor. Am Freitagmorgen dann das architektonische Highlight: der Grand Palais, der nach einer umfassenden Renovierung in neuem Glanz erstrahlt. Doch der äußere Schein sollte schnell trügen.

Paris Photo 2024: Ein Besuch ohne Inspiration

Die Paris Photo öffnet seit der Pandemie erst um 13 Uhr. Früher hatte man ab 10 Uhr Zeit, die Hallen in Ruhe zu erkunden, Gespräche zu führen und sich in die ausgestellten Werke zu vertiefen. Nun beginnt das Spektakel zur Mittagszeit, und der Ansturm ist überwältigend. Schlange stehen, Gedränge und sofortige Hektik – keine idealen Bedingungen für einen entspannten Rundgang.

Doch das größere Problem war nicht die Organisation, sondern die Ausstellung selbst. Die Messe rühmte sich, flächen- und ausstellermäßig die größte ihrer Geschichte zu sein. Inhaltlich jedoch war sie für mich die schwächste. Statt frischer Ideen und eindrucksvoller Werke bot sich ein Sammelsurium an uninspirierenden Exponaten. Wo früher gute Modelfotografie, große Reportagen oder thematisch kohärente Serien zu finden waren, dominierten diesmal kleine Vintage-Prints aus den 1950er- und 60er-Jahren. Die 80er-Jahre, die in den vergangenen Jahren allgegenwärtig waren, schienen plötzlich passé. Das ist soweit auch ok.

Herbert List und die Dominanz der Belanglosigkeit

Ein Star der Messe war Herbert List. Seine Werke wurden von zahlreichen Galerien gezeigt und zogen viel Aufmerksamkeit auf sich. Doch abgesehen von List schien die Messe kaum etwas Relevantes zu bieten. Stattdessen sah ich Unmengen surrealistischer Arbeiten, die weder durch ihre Komplexität noch durch ihre Ästhetik überzeugen konnten. Einfarbige Fotografien – großformatige Prints in einer einzigen Farbe – wurden als Kunst verkauft. Objekte, die mit Fotografie wenig bis nichts zu tun hatten, fanden ebenfalls ihren Weg in die Ausstellung.

Es gab oft Fotos mit riesigen Farbübergängen zu sehen – kaum mehr als dekorativer Müll. Es schien, als habe die Messe ihren Fokus auf Fotografie verloren und sich zu einem Tummelplatz für belanglose Kunstobjekte entwickelt. Einer der wenigen Lichtblicke waren Vertretungen aus Japan! Die japanische Fotografie ist kreativ, oft analog und für mich mit das einzigste Highlight auf der Messe. Auffällig auch das nicht mehr Auspreisen von Bildern. Man scheint von den Arabern gelernt zu haben: „Was ist lätzta Prais?“.

Die Menschen und ein Lichtblick

Interessanter als die Ausstellungsstücke waren die Besucher. Die Messe zog ein Publikum an, das weniger durch sein Interesse an Fotografie, sondern durch Status und Selbstdarstellung auffiel. Großkotzige Typen, beladen mit Bling-Bling, flanierten durch die Gänge – ein Spektakel für sich.

Ein weiterer Lichtblick war das Treffen mit Guillaume Zuili, einem talentierten Lithprinter und Freund der Dunkelkammerkunst. Seine Arbeiten, die er an einem Galeriestand präsentierte, erinnerten mich daran, was Fotografie in ihrer Essenz ausmacht: Handwerk, Intimität und eine tiefe Verbindung zum Medium.

Ein Abschied von der Paris Photo

Die Paris Photo 2024 war meine siebte und zugleich letzte. Was einst ein Ort der Inspiration war, ist für mich zu einer kommerzialisierten Veranstaltung verkommen, die wenig Neues oder Relevantes bietet. Der Niedergang war absehbar, doch dieses Jahr hat die Messe einen Tiefpunkt erreicht.

Ein Blick ins Netz zeigt, dass ich mit meiner Enttäuschung nicht allein bin. Viele Besucher bemängeln die fehlende Innovation und den zunehmenden Fokus auf den Kunstmarkt, der sich von den eigentlichen Wurzeln der Fotografie entfernt hat. Vielleicht wird die Paris Photo in den kommenden Jahren ihren Kurs ändern, doch für mich ist das Kapitel vorerst geschlossen.

Paris selbst bleibt natürlich eine Quelle der Inspiration – nur nicht mehr in den Hallen des Grand Palais.