Im September 2005 reiste ich für eine Woche nach Bulgarien. Ich landete in Varna und erkundete das Land bis hoch an die rumänische Grenze. Mein Ziel war es, mir vor dem EU-Beitritt einen eigenen Eindruck von Bulgarien zu verschaffen. Obwohl eine Woche kurz erschien und wie ein einziger Tag verging, gelang es mir, über 40 Kleinbildfilme (Superia 100, 400 und Kodak TriX) zu belichten. Mein Eindruck war zwiegespalten. Bereits am Flughafen wurde mir die reine Form des Sozialismus deutlich, die sich durch meine gesamte Reise zog. Brutalismus pur; Monumente an jeder Ecke. Abseits der touristischen Gebiete wie dem Gold- und Sonnenstrand wurde ich mit viel Armut konfrontiert. Die Gastfreundschaft der älteren Bevölkerung war bemerkenswert und das Essen durchweg ausgezeichnet. Ich besuchte einige kulturelle Veranstaltungen und erwarb Grundkenntnisse über bulgarische Musik und Tanz.

Abseits der ausgetretenen Pfade wurden wir Zeugen eines Verbrechens. An einem Monument kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen einem Mann in Jogginganzug, der eine große und vermutlich gefüllte Sporttasche bei sich hatte, und der Polizei. Ein Schuss, abgefeuert von einem Polizisten, versetzte uns in Schrecken, und wir rannten etwa einen Kilometer zur nächsten Bushaltestelle, um ohne Umwege zurück ins Hotel zu gelangen. Jugendliche trugen offen Waffen, und Kontrollen wurden nach Schmiergeldzahlungen der Beamten passiert.

Noch erschreckender war der Wandel, den die Straße zwischen unserem Hotel und dem Strand nach 22 Uhr durchlief. Tagsüber boten Souvenirhändler Nippes und Gedöns an, doch in der Nacht verwandelte sich die Szenerie in einen Straßenstrich, auf dem unter anderem Minderjährige ihre Dienste anboten. Bulgarien, ein Land im Wandel.