(fotografische) Vorbereitung
Insel, Meer und eine bizarre Landschaft. Mehr wusste ich über Lanzarote nicht. Ich bin recht unvoreingenommen an die Reise herangetreten ohne eine oft überbordende Vorbereitung. Gewiss legte ich mir einen guten Reiseführer zu, den ich vor Ort oft gezückt und studiert habe. Was ich jedoch wusste, war die Tatsache eines vorhandenen und für Touristen großteils gesperrten Naturschutzparks. Eine Leica M schied daher aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten aus. Ich wollte es modern bequem. Für die Reise entschied ich mich für die Canon EOS R5 mitsamt dem RF24-105 1:4, dem EF15-35 1:2.8 und der kleinen 35er R Festbrennweite. Das RF24-105 begleitete mich schon im letzten Frankreichurlaub und ich hätte bis dato nie gedacht, einen solch großen Nutzen aus einem Superzoom zu ziehen. Die Qualität ist selbst am unteren und oberen Ende bis in die Ecken mehr als akzeptabel gut. Das 35er spielt, trotz Amateurversion (da kein L Objektiv) in der Leica Liga. Der AF der R5 sucht seinesgleichen und die Kamera ist darüber hinaus handlicher als meine alte Canon EOS 5D MK-II.
Auf Reisen bevorzuge ich nur ein System. Ich habe nie mehrere Kamerasysteme im Koffer. Die täglich bevorstehende Entscheidungswahl bedeutet für mich Stress, wovon ich bewusst die Finger lasse. Ich habe das kompakte digitale Setup nicht bereut! Im Gegenteil.
Immer noch handliches und kompaktes Reisesetup. Canon EOS R5 mit RF24-105, RF15-35 und RF35.
Wilde Atlantikküste bei Costa Teguise
Costa Teguise mit Sicht auf Fuerteventura.
Reißaus
Familienurlaube sind, typischerweise, sinnbildlich verknüpft mit Sommer, Wärme und Ferienzeit. Nachdem Corona überstanden war, zog es uns in die Ferne. Da ich nicht selbst Fan großer Hitze und schwüler Wetterverhältnisse bin, stand die recht kurzfristige Überlegung im Raum, den Winter als neuen Reisezeitraum zu nutzen. Die letzten Reisen vor der Pandemie starteten bei knapp 40° C in Deutschland und endeten bei weit über 40° C im mediterranen Raum. Erholung war Fehlanzeige. Da wir beruflich eingespannt sind und das Kind nur zwei Wochen Winterferien hat, fiel die Entscheidung auf die Kanaren. Der südlichste Punkt in Nähe des europäischen Festlands. Florida, die capverdischen Inseln und einige andere Ziele schieden aus, da die Anreise viel Zeit benötigt und eine Woche Reisezeit viel zu kurz für weit entfernte Ziele ist.
Wir setzten daher einen Tipp meines befreundeten Fujitechnikers um, der uns Lanzarote empfahl. Aufgrund der direkten Nähe zum afrikanischen Festland und den fast garantierten 25° C im Winter ein ideales Reiseziel zum überwintern. Fotografisch wurde mir das sagenhafte Licht auf der Insel empfohlen. Die Serie Timm Thaler tat ihr Übriges, um auch meinen Sohn von der Insel als Reiseziel zu überzeugen.
Nebenbei bemerkt, entflohen wir damit dem Weihnachtstrubel und feierten nach langer Zeit Sylvester an einem anderen Ort. Dazu später mehr. Gebucht wurde eine Pauschalreise im vier Sterne Hotel Albatros, da ich als Unternehmer, Hausmann und Vater keine Lust auf Selbstverpflegung hatte. Über das Reisebüro mieteten wir noch ein Auto für die Zeit auf der Insel.
Costa Teguise nach Sonnenuntergang.
Ankunft
Der Flug startete in der heiligen Nacht vom Flughafen Köln/Bonn um kurz nach sechs. Wir waren gut drei Stunden vor Ankunft am Flughafen und ich wunderte mich, nach wie vor, über das dortige Chaos. Deutsche Flughäfen schaffen keinen reibungslosen Ablauf. Es dauerte über zwei Stunden, bis die Koffer aufgegeben waren. Den gebuchten Termin an der Sicherheitskontrolle mussten wir aufgrund dessen sausen lassen. Der Flug nach Lanzarote dauerte 4:45 Minuten und verlief etwas unruhig. Ich konnte zumindest zeitweise etwas Schlaf finden.
Nach der Landung schmeichelten mir sofort die milden Temperaturen. Da der 25.12 hochheiliger Feiertag in Spanien ist, konnten wir unseren Mietwagen erst einen Tag später am Flughafen abholen. Somit fuhren wir mit dem Taxi nach Costa Teguise ins Hotel und checkten ein. Dort verbrachten wir entspannt den ersten Tag, erkundeten die nahe Umgebung und genossen das verdammt gute Essen im Hotel samt Weihnachtsgala.
Weihnachten, 25.12.2022 bei 24° C.
Hotel Albatros
Timanfaya
Am zweiten Tag fuhren wir mit dem Taxi zurück zum Flughafen und holten unseren Mietwagen. Die erste Fahrt, ungeplant, ging über die Südinsel direkt in den Nationalpark Timanfaya. Über den sehenswerten Vulkanhighway ging es bis zum ersten Stopp Echadero de Los Camellos. Dort besuchten wir nebst Toilette ein kleines Museum, das in den Grund der Vulkanlandschaft eingelassen ist. Am Rande des Parkplatzes konnten wir eine Tour in den Vulkanpark auf einem Kamel buchen. Die Touren sind allerdings von kurzer Dauer. Diese Angebote entpuppen sich oft als Tourifalle. Auf Mallorca gibt es die Coves del Drac, einem Höhlensystem mit einem der weltweit größten Unterwasserseen. Nebst einem langen Spielfilm zu Beginn dauerte die Durchschleusung in der Höhle als Tourist keine Stunde. Das kann man sich sparen.
Vulkan Highway
Auf dem Parkplatz sah ich am Rande eines nahen Vulkans einen Bus auf dessen Kraterrand fahren. Ich entschied mich anschließend gegen eine Kameltour und wir fuhren einen Stopp weiter. Keine zwei Kilometer weiter hielten wir an einer Kreuzung zum Restaurante El Diablo. An einer Schranke mussten wir Eintritt zahlen, die eine Bustour quer durch den Nationalpark Timanfaya beinhaltete. Leider waren wir schon spät am Tag unterwegs und es bildete sich eine Schlange. Es dauerte eine gute halbe Stunde, bis wir weiter fahren konnten. Grund der langen PKW Schlange war das beschränkte Parkplatzangebot am Restaurant selbst. Gut, dass Parkwächter die Situation kontrollieren und nur PKWs durchlassen, die einen garantierten Stellplatz finden. Das 1970 eröffnete Restaurant El Diablo, entworfen vom Künstler CÉSAR MANRIQUE, befindet sich auf der heißesten Anhöhe mit dem Namen «Islote de Hilario» im Nationalpark Timanfaya. In nur 10cm Tiefe herrscht eine Temperatur von 140° C. Nicht nur die Aussicht auf die Vulkanlandschaft ist grandios, sondern hier grillt der Chef Hähnchen und mehr auf einem großen Rost, dass über eine 6 Meter tiefe Bodenöffnung hängt. Kein Feuer sorgt für Hitze, sondern diese stammt aus dem vulkanischen Bereich tief unter der Erde. Über 300° C strömen aus der Tiefe zum Rost. Das Restaurant ist in einem Halbkreis mit großen Fenstern erbaut. Beim speisen genießt man die Aussicht auf die surreale Vulkanlandschaft.
Im Eintrittspreis inbegriffen ist eine Bustour durch den Timanfaya Nationalpark, die, in mehreren Sprachen geführt, gut 50 Minuten dauert und die Geschichte der einzigartigen Landschaft erzählt. Gesättigt fuhren wir quer über die Insel zurück zum Hotel.
Ciudad estratificada
Die Bustour durch den Timanfaya Park war sehr beeindruckend. Der Park selbst ist für Besucher unzugänglich. Ich hatte trotzdem vor, ein Stück Vulkangebiet zu Fuß zu erkunden. Nicht weit vom Hotel entfernt, auf einer Landstraße Richtung Tegesuite, liegt ein bizarres Felsgebiet, das Ciudad estratificada. Am Straßenrand befindet sich ein Parkplatz und das Gebiet kann frei erkundet werden. Das wissen vermutlich viele andere Touristen, denn das Gelände ist stellenweise sehr vermüllt. Dennoch ist dieses kleine Gebiet ein Eldorado für Fotografen. Es finden sich unzählige Gesteinsformen und Pflanzen in unterschiedlichsten Farbvarianten. Ich fotografierte hier oft mit dem Canon RF15-35 2.8 und ging sehr nahe an meine Motive heran. Den nahenden Sonnenuntergang fotografierte ich mit erweiterter Dynamik D+, was die Gradationskurve der Raw Datei in den Lichtern abflachte.
Timm Thaler
Während unserer durchgemachten Coronainfektion schauten wir mit Ben die Kinderserie Timm Thaler, die u.a. auf Lanzarote gedreht wurde. Kurz vor dem Urlaub recherchierte ich die Drehorte. Einer dieser Orte ist das Fünfsterne Hotel Melina Salinas, ebenfalls ein Entwurf vom Künstler Manrique. Das Hotel ist ein typisches Beispiel für noch halbwegs ansehnlichen Stahlbeton Brutalismus. Der Innenhof bietet eine Naturoase und ist einzigartig. Hier hatte der Künstler seine Finger im Spiel, um Mensch und Natur zu verbinden.